Tierheimleben – Zwischen Schmerz, Hoffnung und Neubeginn

Tierheimleben – Zwischen Schmerz, Hoffnung und Neubeginn

Tierheimleben – Zwischen Schmerz, Hoffnung und Neubeginn

Wenn Menschen an ein Tierheim denken, haben sie oft ein sehr einseitiges Bild im Kopf. Sie denken an traurige Augen hinter Gittern, an das Jaulen einsamer Hunde oder das leise Miauen verlassener Katzen. Und ja – das alles gibt es. Aber das Tierheim ist viel mehr als nur ein Ort voller trauriger Geschichten. Es ist auch ein Ort der Hoffnung. Ein Ort der zweiten Chancen. Und im Tierheim Butzbach gibt es außerdem noch etwas Besonderes: Unsere Rudelhaltung! Keine traurigen Blicke hinter Gittern. Unsere Hunde leben frei in einem großen Rudel, inmitten der Menschen. Sie nehmen aktiv am Leben teil und werden damit gut sozialisiert.



Das Leben im Tierheim ist nicht einfach zu beschreiben. Es ist ein ständiger Wechsel zwischen tiefstem Leid und größtem Glück. Jeden Tag begegnet man hier Schicksalen, die ans Herz gehen. Tieren, die ausgesetzt wurden, die beschlagnahmt wurden, weil ihre vorherigen Halter sie nicht nur falschhielten, sondern regelrecht leiden ließen. Tiere, die jahrelang keine Liebe erfahren haben, eingesperrt in dunklen Verschlägen, misshandelt, ignoriert. Und dann gibt es auch die tragischen Geschichten, in denen das Tier das einzige Familienmitglied war, das nach einem Todesfall übrig blieb – und plötzlich allein ist. Oder Hunde und Katzen, die gefunden werden und nie wieder jemand nach ihnen fragt.

Viele fragen uns: Wie haltet ihr das aus? Wie kann man diesen Kummer Tag für Tag mitansehen und trotzdem weitermachen?

Die ehrliche Antwort: Man wächst hinein. Niemand startet im Tierschutz mit einem Schutzschild um sein Herz. Es trifft einen mit voller Wucht. Die ersten Nächte schläft man schlecht, weil die Bilder nicht aus dem Kopf verschwinden. Doch mit der Zeit lernt man, damit umzugehen. Das heißt nicht, dass es einem weniger nahe geht – man entwickelt nur Mechanismen, um weiterzumachen. Weil man weiß: Für das nächste Tier ist man die einzige Hoffnung. Die einzige Chance.
Und dann passiert etwas Wunderbares: Man sieht, wie aus gebrochenen Seelen wieder fröhliche Wesen werden. Wie ein Hund, der tagelang nur in der Ecke lag, plötzlich zum ersten Mal mit dem Schwanz wedelt. Wie eine Katze, die sich vor jeder Hand duckte, plötzlich schnurrend auf dem Schoß einschläft. Diese kleinen Momente – sie sind unbezahlbar. Sie sind das, was uns antreibt. Denn im Tierheim blühen viele Tiere regelrecht auf. Endlich dürfen sie einfach nur Tier sein – ohne Druck, ohne Gewalt, ohne Angst.

Die Tiere kommen nicht ohne Grund ins Tierheim. Sie sind oft die Opfer von menschlichem Fehlverhalten oder tragischen Umständen. Und wir sind da, um ihnen den Weg in ein besseres Leben zu ebnen. Nicht alle schaffen es. Manche verbringen ihr ganzes Leben bei uns. Weil sie zu speziell sind, weil sie zu alt sind, weil sie Verhaltensweisen zeigen, die eine Vermittlung schwierig machen. Besonders schlimm ist es, wenn ein Tier im Tierheim stirbt.
Ohne je die Liebe eines Menschen außerhalb der Tierheimzäune erfahren zu haben. Es bricht einem jedes Mal das Herz – denn dieses Tier hatte nie die Chance, wirklich anzukommen.

Und doch kämpfen wir jeden Tag weiter. Gegen das Vergessen. Gegen die Überforderung in unserer Gesellschaft. Gegen unbedachte Anschaffungen. Der niedliche Welpe, der später zum anspruchsvollen Herdenschutzhund wird, wird dann plötzlich „zu viel“. Der Hund, der keine Sozialisierung erlebt hat und aggressiv reagiert – wird abgeschoben. Und wir im Tierheim? Wir sind dann oft die letzte Station. Diejenigen, die die Verantwortung „ganz selbstverständlich“ von überforderten Tierbesitzern, die keinen Plan B hatten, übernehmen sollen
Unsere Arbeit ist belastend – aber auch erfüllend. Was uns rettet, sind unsere Unterstützerinnen und Unterstützer. Ohne Ehrenamtler wäre vieles nicht möglich. Sie schenken Zeit, Liebe, Aufmerksamkeit – und bringen Leben in unseren Alltag. Ohne Spenden wären wir „aufgeschmissen“. Und auch Kooperationen, wie die mit Hundeschulen, sind ein riesiger Gewinn. Seit anderthalb Jahren arbeiten wir als Tierschutzverein Butzbach mit erfahrenen Hundetrainer*innen zusammen. Davon profitieren alle: Die Tiere, weil sie besser vorbereitet in eine neue Familie starten können. Die Ehrenamtlichen, weil sie Wissen mitnehmen. Und die potenziellen Adoptanten, weil sie ein Tier bekommen, das gefördert wurde. Von der Politik sind wir Tierschützer:innen Jahre lang nicht gesehen worden. Das ist bis heute so: Wir kämpfen tagtäglich ums Überleben, um unsere Kosten tragen zu können: Hohe Tierarztrechnungen, Futter, Personal…..alles muss aus Spenden finanziert werden!
Wir arbeiten jeden Tag daran, dass unsere Tiere nicht nur sicher sind, sondern gesehen werden. Als Individuen. Mit Vergangenheit – aber vor allem mit Zukunft.

Und wir geben nicht auf. Für jedes einzelne Tier.

 

 

 

Beitrag von Hanne Kolb

1.Vorsitzende des Tierheim Butzbach

www.tierheim-butzbach.de

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